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Klartext: Abstand mit Anstand

Erstellt: 

Von: Christopher Göbel

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Klartext von Christoper Göbel
Klartext von Christoper Göbel © Duangphung/Pixabay

Nicht alles, was uns die Pandemie gebracht hat, ist unbedingt negativ, meint Redakteur Christopher Göbel.

Ich finde nicht alles, was sich mit der Corona-Pandemie in unseren Alltag eingeschlichen hat, schlecht. Dass wir Abstand halten sollen, um uns und andere vor der Ansteckung mit dem Virus zu schützen, finde ich eigentlich recht angenehm.

Wenn ich an die Zeit vor Corona zurückdenke und an Sitationen, bei denen mir jemand in der Supermarkt-Kassenschlange direkt in den Nacken atmete oder wenn ich mich im Zug verbiegen musste, um nicht mit dem Bein des unbekannten Sitznachbarn in Berührung zu kommen, dann ist mir Abstand auf jeden Fall lieber.

Für mich bedeutet das Abstandhalten bei Familie und Freunden aber nicht, dass sich dadurch etwas an unserem innigen Verhältnis verändert hätte. Man zeigt sich die Zuneigung eben mit den Augen und mit Worten. Ich habe mich inzwischen daran gewöhnt die Distanz zu wahren. Es ist nur die körperliche Distanz, die uns momentan auferlegt wurde. Und das ist so lange vernünftig, so lange dieses Virus grassiert.

Ich war seit jeher kein Freund von Bussi hier und Bussi da und wahrte schon immer eine gewissen Abstand, so es denn möglich war. Im Fahrstuhl beispielsweise steige ich lieber sechs Stockwerke hoch, als eng gedrängt mit fremden Menschen auf engstem Raum eingepfercht zu sein. Um es klarzustellen: Ich leide nicht an Klaustrophobie. Ich kann sehr gut alleine oder mit mir sehr vertrauten Menschen eine Weile auf engstem Raum zubringen.

Ich weiß, dass es viele Menschen gibt, für die soziale Distanz kein Problem ist. Zwischen 1,20 und 3,60 Metern liegt die sogenannte Distanzzone, die man im Umgang mit anderen Menschen einhalten sollte. Bei etwas vertrauteren Personen sind es zwischen 60 Zentimetern und 1,20 Metern, der intime Distanzbereich liegt darunter. Zu diesem gehören für mich nur meine Partnerin und meine Kinder. Und natürlich auch meine Eltern – allerdings aus Schutzgründen leider nicht in der Pandemie. Den persönlichen Freiraum, den ich anderen Menschen gegenüber zugestehe, möchte ich auch selbst eingehalten wissen.

Als Folge der Pandemie ist mir eine nette Begrüßung ohne Händeschütteln immer noch sehr angenehm, wenn statt schwitziger Finger freundliche Blicke gewechselt werden. Wir alle werden nach der Pandemie anders denken (müssen). Ich glaube nicht, dass der Handschlag wieder so selbstverständlich werden wird, wie er es Jahrhunderte lang war.

Körperliche Distanz mit emotionaler Nähe ist möglich. Wer mit den Menschen in seinem direkten Umfeld einen Weg dafür gefunden hat, kommt ohne Stress wegen zuviel Nähe und ohne Ärger wegen zu wenig Nähe durchs Leben. Und das hat für mich nichts mit Abneigung zu tun. Uns stehen andere Möglichkeiten als ein Händeschütteln und Umarmen zur Verfügung. Dabei spielen die Augen und das Lächeln (hinter der Maske) die Hauptrolle. Probieren Sie es aus, es funktioniert ;-) !