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Klartext: Angie, die ewige Kanzlerin

Erstellt: 

Von: Christopher Göbel

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Das FULDA AKTUELL-Team traf Angela Merkel im Jahr 2018 zum Interview.
Das FULDA AKTUELL-Team traf Angela Merkel im Jahr 2018 zum Interview. © Duangphung

Ein Kommentar von Christopher Göbel zum Ende der Ära Merkel nach 16 Jahren als Bundeskanzlerin.

Alles hat ein Ende. Auch eine Kanzlerschaft. Angela Merkel hat von der Amtszeitsdauer Konrad Adenauer eingeholt, aber für Helmut Kohl wird es nicht reichen – außer es gibt bis zum 17. Dezember keinen neuen Kanzler in Deutschland.

Mutti, Angie, Kohls Mädchen – Merkel hatte während ihrer Amtszeit viele Namen und Bezeichnungen, viele eher nett, aber auch diffamierende und herabwürdigende. Aber alles in allem muss ich zugeben, dass ich den Weg, den sie gewählt und gemeistert hat, bemerkenswert finde. Von der unscheinbaren, stellvertretenden Pressesprecherin der DDR-Regierung bis zur mächtigsten Frau der Welt dauerte ihr Weg etwas mehr als 40 Jahre. Eigentlich Physikerin und Doktorin, trat Merkel 1990 in die CDU ein, die bis heute ihre politische Heimat blieb.

Merkel führte blieb dabei aber stets Staatsfrau und wirkte auch nach stundenlangen Sitzungen vor den Kameras der Weltpresse fast immer wie aus dem Ei gepellt, zeigte am Rande auch gelegentlich ihre humoristische Seite und wirkte bei Auftritten in Wahlkämpfen unter anderem mehrfach auf dem Fuldaer Uniplatz zwar kämpferisch, aber immer sachlich und nie polemisch gegenüber dem politischen Gegner. Manche aus eher „roten“ politischen Lagern sagten – vor allem in den letzten Jahren ihrer Kanzlerschaft – sie sei einfach in der falschen Partei. Dass sie eher dem linken Flügel der CDU angehört, zeigte Merkel nicht zuletzt in der Flüchtlingskrise 2015. Und nicht nur da setzte sie sich (fast) immer erfolgreich gegen männliche Konkurrenten aus der CDU durch.

Dass sie Annegret Kramp-Karrenbauer und zuletzt auch Armin Laschet (zögerlich) förderte und unterstützte, kann man ihr allerdings als Fehler anrechnen, denn beide waren als Parteivorsitzende wenig erfolgreich und haben nicht zuletzt zum desaströsen CDU-Wahlergebnis der Bundestagswahl im September geführt.

Ich habe Merkel bei einem Termin Fulda „ganz nah“ kennengelernt, wir als „Fulda aktuell“-Team durften sogar exklusiv für ein Foto mit ihr in der Esperantohalle posieren. Sie wirkte freundlich und interessiert und vor allem gänzlich uneitel. In diesem Zusammenhang fällt mir auch Sigmar Gabriel ein, der im selben Jahr in Fulda war, mit dem wir ebenfalls ein Interview führten – und der auf mich einen ganz anderen Eindruck gemacht hat. Und dieser war durchaus nicht positiv...

Zurück zu Merkel: Seit sie bekannt gegeben hat, dass sie in diesem Jahr nicht mehr als Bundeskanzlerin kandidieren wolle, ist sie eher in den Hintergrund getreten. Man könnte auch fast sagen, dass sie den Eindruck machte, die Luft sei raus gewesen.

Aber ich bin mir sicher, dass wir Merkel in der deutschen Politik noch vermissen werden. Vielleicht nicht gleich, vielleicht auch erst nach der nächsten Bundestagswahl – aber in Krisenzeiten bestimmt. Sie hat uns bis heute durch die Coronakrise geführt und immer an die Vernunft und Selbstverantwortung ihrs Volkes appelliert. Den Merkelschen Führungsstil sollten sich andere Premiers und Präsidenten vielleicht zum Vorbild nehmen.