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Klartext: Vom Leben und Sterben

Erstellt: 

Von: Christopher Göbel

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Redakteur Christopher Göbel schreibt darüber, wie man mit dem Tod umgehen kann.

Der Tod gehört zum Leben. Aber irgendwie tut er das doch nicht. Ich bin mir sicher, dass wir alle bereits Erfahrungen mit Tod und Sterben gemacht haben. Seien es Familienmitglieder, Freunde oder Arbeitskollegen.

Besonders erschüttert hat mich der plötzliche Tod von Karl Schönholtz, eines Kollegen der „Hersfelder Zeitung“, den ich sehr schätzte und der mich eigentlich erst zum Journalismus gebracht hat. Noch im Sommer sind wir uns begegnet, und nun bist du nicht mehr da. Ruhe in Frieden, lieber Kalli.

Der Tod umgibt uns, aber wir klammern ihn meistens aus unseren Gedanken aus. Das funktioniert aber nur, wenn wir nicht selbst auf irgendeine Weise mit Tod und Sterben konfrontiert werden. Oder man beruflich mit Hospiz- oder Palliativ-

arbeit beschäftigt ist. Diesen Menschen gebührt Dank, denn sie sind es, die todkranken Menschen die letzten Monate, Wochen oder Tage so lebenswert machen, wie es möglich ist. Ich vermute, dass die Realität anders aussieht als das, was und in Hollywood-Filmen von „letzten Reisen“vorgegaukelt wird.

Menschen in Hospizen sterben, weil sie unheilbar krank sind. Die „Spiegel“-Reportage „Noch mal leben“ von Beate Lakotta aus dem Jahr 2003 „Noch mal leben vor dem Tod“ zeigt sehr einfühlsam, was in einem Hospiz passiert. Gemeinsam mit ihrem Mann, dem Fotografen Walter Schels, entstand die Ausstellung „Noch mal leben“, die bis November im Fuldaer „Vonderau Museum“ gezeigt wird.

Die großformatigen Doppelporträts zeigen Menschen, die das Ehepaar in Hospizen in Berlin und Hamburg besucht und bis zum Tod begleitet hat. Ein Bild mit dem Lebenden, eines mit dem Toten. Es ist nicht Voyeurismus, der sich beim Betrachten der Porträts einstellt. Die Texte dazu von Lakotta bringen dem Betrachter den abgebildeten Menschen näher.

Die Fotografien von Schels sind nicht zu vergleichen mit de Post-mortem- Fotografie, die vom Ende des 19. bis ins beginnende 20. Jahrhundert vielerorts Tradition hatte. Schels Bilder bewegen – allerdings vor allem in Verbindung mit den Textel seiner Ehefrau.

Ich selbst habe es nie gemacht. Fotos meiner Großeltern oder Bekannten nach dem Tod. Ich habe sie gesehen, für sie gebetet, um sie getrauert. Ich habe aber dennoch die Bilder im Kopf. Aufgebahrt, wie schlafend aussehend. Aber ich habe sie nicht fotografiert.

Warum? Ich glaube, darüber war ich mir in der Situation nicht im Klaren, aber nun weiß ich es: Ich habe sehr viel mehr Zeit mit diesen Menschen im Leben verbracht als in den wenigen Stunden nach ihrem Tod. Ich möchte sie vor allem lebendig und wie sie wirklich waren, im Gedächtnis behalten. Die schönen Momente, die wir gemeinsam hatten.

Für mich ist es auch ein Zeichen von Respekt, einen toten Menschen nicht abzulichten. Dieser kann sich nicht wehren, kann nicht mehr „nein“ sagen. Dass die Porträtierten in der Ausstellung ihr Einverständnis gegeben haben, macht sie eigentlich unsterblich. Und auch wenn niemand mit Sicherheit weiß, wie oder ob es nach dem Verlassen der sterblichen Hülle weitergeht, so hat der Gedanke an ein ewiges Leben etwas Tröstendes für uns Lebende. Niemand ist tot, so lange jemand an ihn denkt.