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Klartext: Die Kunst bleibt

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Von: Christopher Göbel

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Posthume Missbrauchsvorwürfe gegen Michael Jackson. Sollten deshalb seine Songs nicht mehr gespielt werden?

Gegen Michael Jackson – einen Menschen, der Zeit seines Lebens ein Mysterium war –, werden nun knapp zehn Jahre nach seinem Tod in einer Dokumentation Vorwürfe sexuellen Kindesmissbrauchs erhoben. Bereits zu seinen Lebzeiten gab es immer wieder Gerüchte, was auf seiner „Neverland-Ranch“ passiert sein soll, auch Schwester Latoya hatte vor vielen Jahren angedeutet, dass sie ihren Bruder bei seinen „Verbrechen“ nicht unterstützen könne. Das ändert aber nichts daran, dass Jackson mit seiner Musik Millionen Menschen berührt hat. Er war ein musikalisches Genie. Dass sich jetzt einige Radiosender weigern, Jackson-Songs zu spielen, finde ich übertrieben. Zum einen sind es Vorwürfe, keine Verurteilungen.

Und zum anderen kann sich Jackson nicht mehr dagegen wehren. Sind Serien wie „House of cards“ oder Filme wie „American Beauty“ plötzlich durchweg schlecht, weil Kevin Spacey sexuellen Missbrauch begangen haben soll? Oder darf „Tanz der Vampire“ als Klassiker der Horrorkomödie aus dem Jahr 1967 nicht mehr gezeigt werden, weil gegen den damaligen Regisseur Roman Polanski seit Jahrzehnten ähnliche Vorwürfe erhoben werden? Ein weiteres Beispiel, das gar nicht weit weg von Fulda passiert ist: Dieter Wedel, der Ex-Intendant der „Bad Hersfelder Festspiele“, der sich ähnlichen Vorwürfen ausgesetzt sah und deshalb das Amt aufgab. Bewiesen wurde allerdings auch hier bisher nichts.

Die Kunst, die ein Künstler zu seinen Lebzeiten schafft, bleibt Kunst. Auch wenn der Künstler möglicherweise später diskreditiert wird – sei es zu recht oder zu unrecht. Über Michael Jackson wurde seit dem Beginn seiner (sehr) frühen musikalischen Karriere sehr viel geschrieben und gesagt. Was davon wahr war oder nicht, erschließt sich denjenigen, die ihn nicht persönlich kannten, sicherlich nicht. Was ihm nun vorgeworfen wird, halte ich für ungerecht. Jackson wird dessen niemals angeklagt oder verurteilt werden können, denn der „King of Pop“ starb am 25. Juni 2009 mit gerade einmal 50 Jahren. Vielleicht ist er sein Leben lang ein Kind geblieben, das aber als Erwachsener angesehen wurde. Ich weiß es nicht.

Was auch immer er getan oder nicht getan hat: Sexueller Missbrauch an Kindern ist definitiv zu verurteilen. Wenn es aber nicht (mehr) bewiesen werden kann, dann bleibt der Makel bei vielen auf ewig haften. So wird es auch im Fall Jackson sein. Was die neuen Schlagzeilen betrifft, so mag ich mir nicht vorstellen, wie es den Kindern des Popstars angesichts der Vorwürfe geht.

Der eigene Vater posthum als Verbrecher gebrandmarkt, die Schlagzeile als Sexmonster ohne jeden Gedanken an die Familie herausgehauen. Was treibt diejenigen an, die zehn Jahre nach dem Tod des Poptitanen eine solche „Dokumentation“ herausbringen? Ich werde weiterhin „Heal the World“, „Thriller“ und „Liberian Girl“ oder den „Earth Song“ hören, weil mir diese Lieder gefallen. Wir wissen auch nicht, was Mozart, Nietzsche, Monteverdi, Kafka oder Brecht während ihres Lebens angestellt haben. Was bleibt, sind ihre Werke. Ihre Kunst. Und diese gilt es weiterhin zu schätzen.