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Kelten-Sonderausstellung in Fulda: Ein Werkstoff, der die Welt veränderte

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Von: Christopher Göbel

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Die Ausstellungsmacher: Dr. Frank Verse, Leiter des „Vonderau Museums“, mit den Kuratorinnen der Kelten-Ausstellung, Steffi Lotz und Milena Wingenfeld vor einem Modell eines keltischen Brennofens.
Die Ausstellungsmacher: Dr. Frank Verse, Leiter des „Vonderau Museums“, mit den Kuratorinnen der Kelten-Ausstellung, Steffi Lotz und Milena Wingenfeld vor einem Modell eines keltischen Brennofens. © Göbel

Die Kelten sind eigentlich dem modernen Menschen gar nicht so unähnlich gewesen. Sie waren Erfinder und Entwickler, die den Rohstoff Eisen aus Steinerz zu extrahieren und zu bearbeiten lernten – und damit das entwickelten, was wir heute „Eisenzeit“ nennen.

Fulda. Die neue Sonderausstellung im „Vonderau Museum“ in Fulda, die am Mittwochabend eröffnet wurde, widmet sich vor allem der Eisenzeit im hessischen Raum. „Eisen hat die Welt verändert“, sagte Ausstellungskuratorin Milena Wingenfeld im Vorfeld bei einem Rundgang mit FULDA AKTUELL. Die Exponate stammen zum größten Teil aus Museen in Kassel und Wiesbaden, aber auch von kleinen Heimatmuseen. „Besonders sind die Funde, die wir auf der Milseburg gemacht haben und die bisher noch nie der Öffentlichkeit präsentiert wurden“, so Wingenfeld. Darunter sind beispielsweise Pflug-Spitzen aus Eisen, die ineinander gestapelt sind. „Mit der Entwicklung eiserner Pflugspitzen anstelle der bisherigen hölzernen wurde es den Kelten möglich, Ackerbau effizienter zu betreiben und auch trockene Böden urbar zu machen“, sagt die Kuratorin. „Die Folge: Die Menschen wurden sesshaft und bildeten Siedlungen“, fügt Dr. Frank Verse, der Leiter des „Vonderau Museums“, hinzu.

Dadurch, dass Kapazitäten durch effizientere Landwirtschaft frei wurden, entwickelten sich andere Zweige, beispielsweise die Stoffproduktion. Auch diesem Bereich des keltischen Lebens ist ein Abschnitt der Ausstellung gewidmet, unter anderem mit dem Nachbau eines Webstuhls.

Es gibt laut Verse in der hiesigen Region keinen Nachweis für erzhaltiges Gestein. Dass auch hier Eisen verarbeitet wurde, deutet darauf hin, dass es bereits in der Zeit der Kelten, die etwa von 600 vor Christus bis 15 nach Christus reicht, Handelswege gab, auf denen unter anderem mit erzhaltigem Stein gehandelt wurde.

Eine Schutzmauer wie dieser Nachbau könnte in ähnlicher Form auch an der Milseburg gestanden haben.
Eine Schutzmauer wie dieser Nachbau könnte in ähnlicher Form auch an der Milseburg gestanden haben. © Göbel

In Schmelzöfen, die mit Kohle befeuert wurden, wurde das Metall aus dem Gestein geschmolzen und zu Werkzeugen verarbeitet. Wie die Ausstellung zeigt, sind manche der mehr als 2000 Jahre alten Erfindungen der Kelten unseren heutigen Scheren, Äxten und Hämmern sehr ähnlich.

„Man darf sich die Kelten, die ich nicht als Volksstamm oder Ethnie, sondern eher als ,neue Kultur‘ bezeichne, nicht wie die heutigen Strömungen von ,Kelten‘ vorstellen“, sagt Verse. Vielmehr hätten sie eine neue Kultur eingeführt, ehe sie sozusagen von der Bildfläche verschwanden. Linksrheinisch seien sie mit der Kultur der Römer (Gallier), rechtsrheinisch mit der der Germanen verschmolzen. Der kulturelle Wandel der Welt sei durch die Eisenzeit geprägt worden.

Aber, so sagt Wingenfeld, hätten die Kelten nicht unbedingt im Einklang mit der Natur und nachhaltig gelebt, wie es häufig angenommen werde. „Für den Bau von Häusern, Brücken und nicht zuletzt den Schmelzöfen ist beispielsweise sehr viel Wald abgeholzt worden.“ Auch diesem Thema widmet sich ein Abschnitt der Fuldaer Ausstellung, die Teil des Projekts „Kelten Land Hessen – archäologische Spuren im Herzen Europas“ ist. In diesem Zusammenhang ist auch das gleichnamige Buch erschienen, in dem unter anderem Dr. Frank Verse als Mitherausgeber auf den Spuren der Kelten wandelt. Das Buch ist an der Kasse des Museums für 22 Euro an der Museumskasse erhältlich.

Eisen war natürlich auch ein Material, mit dem nicht nur handwerkliche Gegenstände geschmiedet werden konnten, sondern auch neue Waffen entwickelt wurden. Diesem Thema widmet sich die Fuldaer Ausstellung allerdings bewusst nicht. Rund eineinhalb Jahre haben die Kuratorinnen sich mit dem Thema beschäftigt, bis die Kelten-Ausstellung in Fulda eröffnet werden konnte. Ein Exponat möchte der Museumsdirektor noch hervorheben: die älteste bisher bekannte Pfeife aus keltischer Zeit, die bei Arzell gefunden wurde, beweist, dass die Kelten bereits rauchten. „Wahrscheinlich Hanf“, vermutet der Archäologe. „Da könnte man fast sagen, dass die ersten Kiffer in Arzell gelebt haben“, scherzt er.


Die Sonderausstellung im „Vonderau Museum“ ist bis zum 8. Januar 2023 in der extra dafür umgebauten Archäologischen Ausstellung zu sehen. Getreu dem Titel „Eisen verändert die Welt“ können die Museumsbesucher erleben, dass viele Dinge aus einer Zeit vor rund 2000 Jahren heute noch sehr vertraut sind.