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Fliegende Lebkuchen: Oliver (19) und Michel (25) über das Schwulsein in Fulda

Erstellt: Aktualisiert: 

Von: Christopher Göbel

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Die beiden jungen Männer sind ein Paar und leben offen schwul - in der als konservativ geltenden Stadt Fulda.

Oliver und Michel - ein homosexuelles Paar aus Fulda.
Oliver und Michel - ein homosexuelles Paar aus Fulda. © Göbel

Fulda - Angefangen hat alles mit einer Musicalkarte. „Michel hat meine Karte eingerissen“, erzählt Oliver Starke. Der 19-Jährige und sein 25 Jahre alter Freund sind seit mehr als einem Jahr ein Paar. Michel Hofmann arbeitete damals als Einlasshelfer bei „Spotlight Musicals“, als sich die beiden zum ersten Mal über den Weg liefen. „Ich habe Oliver gar nicht beachtet. Denn jeden Abend kommen hunderte Musicalbesucher – da merkt man sich niemanden“, erzählt Michel. Umso erstaunter war er, als Oliver ihm kurz darauf eine Freundschaftsanfrage bei „Facebook“ schickte.

Kontakt über Social Media

Per „Facebook“ und „Whats­App“ schrieben die beiden zunächst miteinander – ohne Hintergedanken. Jedenfalls von Michels Seite. „Ich habe mich irgendwann von Oliver belästigt gefühlt“, sagt der 25-Jährige, denn Oliver wusste plötzlich viel über ihn. „Ich habe ihn dann erstmal blockiert“. Aber dann schrieben die beiden doch wieder und verabredeten sich im Kino. „Aber direkt danach hat Oliver mir einen Korb gegeben“, erinnert sich Michel. Später trafen sie sich doch wieder, was aber auch erstmal nicht zu einer Beziehung führt. „Wir haben den Kontakt dann wieder vollständig abgebrochen“, sagt Oliver. Irgendwann einigten sich beide darauf, auf freundschaftlicher Basis miteinander zu kommunizieren.

Abends beim Konzert

„Und dann kam der 30. Januar“, erzählt Michel. Bei einem Konzert der Musicalsängerin Sabrina Weckerlin im „Café Ideal“ kuschelten die beiden zum ersten Mal miteinander. „Da sprühten Funken“, sagt Oliver. Doch es dauerte noch bis zum 30. April, als Michél sich von Oliver überreden ließ, zur ,Mai-Gaudi’ in Fulda zu gehen. „Ich mag solche Veranstaltungen mit vielen Menschen nicht“, erzählt Michél. Der Abend verging und der nächste Tag kam. „Oliver hat mir mindestens 150-mal geschrieben: ,Du bist ein toller Mensch’“, sagt Michel. Und am 1. Mai 2017 redeten die beiden Fuldaer zum ersten Mal über eine Beziehung. „Wir wollten klären, welche Erwartungen der andere hat und wie es weitergehen könnte“, so Oliver.

Coming-Out mit 17 Jahren

Beide leben offen schwul und sind bei ihren Familien und Arbeitskollegen geoutet. „Ich habe meiner Familie mit 17 Jahren gesagt, dass ich schwul bin“, erinnert sich Oliver. „Ich wusste es eigentlich schon viel früher, dachte aber, dass es nur eine Phase sei“, sagt der heute 19-Jährige. „Ich hatte meine ersten Erfahrungen gemacht. Aber in der Schule habe ich es immer abgestritten“, sagt er. „Die beste Reaktion kam von meinem leiblichen Vater. Der sagte zu mir: ,Mach’ dir nichts draus. Ich bin bi’“, erzählt Oliver. Auch der Rest seiner Familie hat keine Probleme damit, dass Oliver schwul ist. Auch Michels Familiehat seine Sexualität akzeptiert. In Fulda gehen die beiden jungen Männer offen mit ihrer Beziehung um. „Natürlich gibt es Blicke, wenn wir durch die Stadt laufen. Aber die nehmen wir gar nicht mehr wahr“, sagt Michel.

Blicke, aber keine Beleidigungen

Öffentliche Beleidigungen gab es noch nie - und selbst wenn: „Das juckt uns nicht. Wir sind glücklich miteinander“, sind sich die beiden einig. „Liebe ist Liebe“, sagt Oliver. „Selbst wenn es ab und zu kracht und Lebkuchenherzen durchs Zimmer fliegen“, erinnert sich Oliver. Das Paar wohnt nicht zusammen, ist aber viel gemeinsam unterwegs. Kino, Essengehen oder Bowlen sind einige der Freizeitbeschäftigungen des Paares. „Ich bin kein Partymensch“, sagt Michel.

Allerdings sei das Angebot an schwulen Treffpunkten in Fulda auch nicht so groß wie beispielsweise in Frankfurt. Die beiden würden sich wünschen, dass es in Fulda mehr Organisationen gäbe, die Jugendliche beim Coming-Out unterstützen. Es gebe zwar den „Regenbogentreff“ der „SchwuLesbischen Organisation Fulda“, doch das sei das einzige Angebot in der Barockstadt. Immer mittwochs ab 20 Uhr können sich in der „Queer Lounge“ in der Künzeller Straße 15 Schwule, Lesben und Bisexuelle treffen. Der Eintritt ist frei. Die Website des Vereins ist unter www.schwulesbi-fulda.de zu finden.

Keine Probleme mit den Kollegen

Im Arbeitsleben haben die beiden Fuldaer keine Probleme. Michel arbeitet als Verkäufer in einem Möbelhaus, Oliver ist derzeit noch Auszubildender bei „Pappert“. Mit seinen Kollegen war er übrigens damals in „Der Medicus“, als mit dem Einreißen der Eintrittskarte die Liebesgeschichte der beiden jungen Männer ihren Anfang nahm.