Von Wessis und Ossis

Abschluss von "Bad Hersfeld liest ein Buch" mit Autor Ruge

Beitrag aus dem Kreisanzeiger vom 1. Dezember 2019

Bad Hersfeld - „To everything there is a season“ sang der Chor der Gesamt- und Modellschule Obersberg unter der Leitung von Ulrich Meiß am Donnerstagabend zur Eröffnung der Abschlussveranstaltung „Bad Hersfeld liest ein Buch“. Die Lieder „Freiheit“ und „Die Gedanken sind frei“ standen ebenfalls für das, was für viele DDR-Bürger lange nur ein Wunsch war, aber 1989 Wirklichkeit wurde. Denn alles hat seine Zeit, auch die DDR.

„In Zeiten des abnehmenden Lichts“ von Eugen Ruge stand in diesem Jahr auf dem Leseplan der Aktion. Ruge selbst war gekommen, um mit den Bad Hersfeldern über sein Buch zu sprechen, dass die Deutsche Demokratische Republik thematisiert. „Ich habe in meinem Buch versucht, die DDR weder zu verteufeln noch sie hochzujubeln“, sagte Ruge im Gespräch mit Moderatorin Kristina Marth von der „Hersfelder Zeitung“. Zwar habe er als Ex-DDR-Bürger dieses Land beinahe gehasst, mit der Zeit habe sich aber dieses Verhältnis jedoch verändert.

„In Zeiten des abnehmenden Lichts“ erzählt Ruge die Geschichte seiner Familie. „Man kann nicht verleugnen, was man ist“, sagte der Autor, der 1988 in den Westen floh, zum Thema „Wessi“ und „Ossi“. „Ich habe nicht daran geglaubt, dass man die DDR hätte verändern können.“ Heute lebt er in Prenzlauer Berg, also im ehemaligen Ost-Berlin.

 

Ruge las eine Passage aus seinem Buch aus dem Jahr 2011 entstandenen Roman, bei der vor allem die russische Großmutter mit ihrer Sicht der Welt zu Wort kam. Helgo Hahn bereicherte den Abend mit Liedern, die wie „Auferstanden aus Ruinen“ oder „Die Partei hat immer recht“ typisch für die DDR waren oder einen Bezug dazu hatten. Das Angebot, mitzusingen, nahmen einige Zuschauer tatsächlich wahr. Eine ironisch von Hahn umgetextete Version des Froboess-Hits „Pack‘ die Badehose ein“ gegen den „Klassenfeind USA“ animierte sowohl zum Schmunzeln als auch zum Nachdenken.

Laut Dr. Thomas Handke, Initiator der Lese-Aktion und Vorsitzender der Buch-Auswahljury, haben sich in de Aktionswoche rund 1.700 Menschen in diesem Jahr an „Bad Hersfeld liest ein Buch“ beteiligt. Darunter auch Schülerinnen und Schüler der Gesamtschule Geistal, die in einem Projekt Filme erstellt haben, für die sie mit Zeitzeugen aus Ost und West sprachen. Ausschnitte daraus präsentierten sie auf großer Leinwand.

Im Anschluss an den abwechslungsreichen Abends gab Ruge zahlreichen Besuchern Autogramme. Er hatte auch „Metropol“, seinen neuen Roman, dabei. „Das ist sozusagen die Vorgeschichte zu ,In Zeiten des abnehmenden Lichts‘“, sagte er. Darin gehe es um das Jahr 1937 und seine Großeltern in den Zeiten des Stalinismus. Bis 14. Februar können Vorschläge für das Buch des Jahres 2020 an bibliothek@Bad-Hersfeld.de geschickt werden.

Bericht und Foto von Christopher Göbel

HEF liest Buch Abschlussveranstaltung

Der Schulchor von GSO und MSO eröffnete die Abschlussveranstaltung zu "Bad Hersfeld liest ein Buch" in der gut gefüllten Stadthallte am Donnerstagabend mit drei Liedern.