Brennpunkte der Welt: Politik und Kirche diskutierten beim Hessentag

Von Christopher Göbel


Podiumsdiskussion in der Feuerkirche mit Politik, Kirche und Kultur. Foto: Göbel

In der Feuerkirche zum Hessentag sprachen Landesbischof Dr. Martin Hein, Staatsminister Michael Roth und andere über Brennpunkte von Syrien bis Deutschland.

Bad Hersfeld - Das Wetter meinte es nicht gut am Dienstagabend, und so wurde die Podiumsdiskussion „Brennpunkte der Welt“ der Evangelischen Kirche auf dem Hessentag in die Feuerkirche verlegt. „Ich bin ein Freund der Stiftsruine. Und seit heute bin ich auch ein Freund der Stadtkirche“, sagte Hermann Diel vom „Hessischen Rundfunk“, der die Diskussion in der gutbesuchten Kirche moderierte.

Lage der Christen in Syrien

Zuvor hatte Aeham Ahmed, ein aus Syrien geflüchteter Pianist, den Abend am Flügel eröffnet. Der Bischof der Evangelischen Kirche Kurhessen-Waldeck, Prof. Dr. Martin Hein, erzählte von Erlebnissen, die er selbst im Vorderen Orient erlebt hat. „Die Lage der Christen dort kann nur durch politische Intervention verändert werden“, so der Bischof. Das ehemals christliche Libyen sei nicht in der Lage, die arabischen Flüchtlinge zu versorgen. Seines Wissens nach wolle die Hälfte der Christen bleiben, die andere wolle die Krisengebiete verlassen. Auf Dauer könnten nur Verhandlungen mit Baschar al-Assad die Lage verbessern.

Als Flüchtling erzählte Ahmad davon, dass es in Syrien jeden Tag Brennpunkte gebe, denen die Menschen ausgesetzt sind. „Ich habe ein Buch über die Verhältnisse in Syrien geschrieben und wurde vom Verlag nach einem zweiten gefragt“, so Ahmad. Aber das wolle er nicht schreiben, denn selbst in Deutschland fühlt sich der Musiker noch bedroht. Er habe sein Land unter anderem darum verlassen, weil in Syrien niemand mehr Muße habe, seine Musik zu hören. Doch auch andere schreckliche Erlebnisse wie das Verschwinden seines Bruders oder die Erschießung eines Mädchens in seiner direkten Nähe führten zu seinem Entschluss.

Menschrechtsverletzungen in Indien

Nicolina Zimmermann verbrachte einige Zeit mit „Amnesty International“ in Indien. „Die Menschenrechtsverletzungen in Indien sind kaum bekannt“, sagte sie. „Die Lage der Organisation dort ist gerade sehr schwierig. Beispielsweise sind alle Konten des indischen Anwalts und „AI“-Aktivisten Henri Tiphagne gesperrt und könnten erst per Gerichtsurteil wieder freigegeben werden. Die Organisation sei daher in Indien kaum handlungsfähig.

Mit "A...löchern an einem Tisch"

„Ich bin kein Diplomat, ich bin Politiker“, sagte der SPD-Bundestagsabgeordnete Michael Roth. Diplomatie bedeute, sich auch mit bestimmten Menschen an einen Tisch setzen zu müssen. Roth drückte das allerdings etwas drastischer aus. Er erwähnte die schrumpfende Demokratie in Europa, beispielsweise in Ungarn; Rumänien, Polen oder der Ukraine. Al-Assad nannte Roth einen „lupenreinen Diktator“. Er sehe mit ihm keine Zukunft für dieses Land. Sein Vorschlag sei, dass alle ethnischen und religiösen Minderheiten zusammenkommen sollten, um die Lage der Menschen in Syrien zu verbessern. „Eine Einflussnahme von außen muss immer abgewogen werden“, so Roth. Er selbst habe sich in den sechs Jahren seiner Amtszeit als Staatsminister im Auswärtigen Amt schuldig gemacht. „Ich mache jeden Tag Fehler, aber Gott wird mir am Ende verzeihen“, ist Roth überzeugt.

Ebenso überzeugt ist er davon, dass 70 Jahre Frieden in Europa nur durch die EU möglich gewesen seien. „Aber der westliche Balkan ist noch weit vom Frieden entfernt“, so der Staatsminister. Es stünden zwei Pole gegenüber: Demokratie und Menschenrechte auf der einen, Wohlstand, Sicherheit und Ordnung auf der anderen Seite. „Demokratie ist für viele Menschen nicht mehr notwendig“, mahnte Roth.

Das Schrumpfen der Volksparteien setzte Bischof Hein in den Vergleich mit den beiden großen christlichen Kirchen in Deutschland. Die Neuen Medien sieht Hein ambivalent: „Man kann sich durch die neuen Kommunikationswege ständig Infos holen oder Infos verbreiten. Hate-Speeches wie aktuell nach der Ermordung des Regierungspräsidenten Dr. Walter Lübcke sind ekelhaft“, so Hein. Andererseits eröffne die digitale Welt auch andere Möglichkeiten der Teilnahme.