Jubiläums-Festspiele: Proben mit Distanz

VON CHRISTOPHER GÖBEL

Abla Alaoui (links) und Philipp Büttner (rechts) sind das Traumpaar im Musical „Goethe!“, während Götz Schubert (Zweiter von rechts) die Rolle des John Keating im „Club der toten Dichter“ übernimmt. Mit dem Intendanten Joern Hinkel (Zweiter von links) begann in dieser Woche die Probenarbeit für die 70. Bad Hersfelder Festspiele in der Bad Hersfelder Stiftsruine.

Bühnenarbeit für die 70. Bad Hersfelder Festspiele beginnt- Gespielt werden „Club der toten Dichter“, „Goethe!“ und „Momo“ auf der Stiftsruinen-Bühne.

Bad Hersfeld. Die Bühne ist gebaut, die Zuschauertribüne ebenfalls – nur die Bestuhlung fehlt noch. Doch das reicht für Festspiel-Intendant Joern Hinkel und sein Team aus, um die mehrwöchige Probenarbeit für die Jubiläumssaison der 70. Bad Hersfelder Festspiele aufzunehmen.

Doch in Zeiten von Corona ist alles ein wenig anders: „Wir haben komplett getrennte Teams für die drei Produktionen, arbeiten mit Sicherheitsabstand, bieten zahlreiche Tests und haben Möglichkeiten, jederzeit nachverfolgen zu können, wer mit wem in einem Raum gearbeitet hat“, erklärt Hinkel. Man sei vorsichtig. Die Distanz untereinander sei gewöhnungsbedürftig und auch bei den Inszenierungen müsse manches anders als üblich geplant werden. „Ich hoffe aber, dass man das dann auf der Bühne nicht merkt“, so Hinkel.

Aufbruchssignal

„Es ist ein bundesweites Signal für die Kultur, dass in Bad Hersfeld Theater gemacht wird“, sagt Götz Schubert, der in Hinkels Inszenierung von „Club der toten Dichter“ die Rolle des John Keating übernimmt. „Es hat ein bisschen was von Aufbruch“, sagt der aus Film, Fernsehen und Theaterbühne bekannte Schauspieler. Als Keating hat er in der europäischen Uraufführung der Film-Adaption mit Robin Williams ein großes Vorbild. „Aber ich möchte durch meine Persönlichkeit der Rolle ein eigenes Gesicht geben, einen eigenen Keating kreieren“, so Schubert. Er habe Respekt vor der Geschichte, die ihn „wahnsinnig berührt“ habe. Und er freut sich auf die jungen Schauspielerkollegen, die „viel von ihrer eigenen Leidenschaft einbringen werden.“

Neben Schubert werden in „Club der toten Dichter“ unter anderem Hannes Hellmann, Thorsten Nindel, Nico Ramon Kleemann und Till Timmermann zu sehen sein. Das Stück in der Regie von Joern Hinkel feiert am 1. Juli Premiere in der Bad Hersfelder Stiftsruine.

Mit dem Musical „Goethe!“, ebenfalls eine Adaption eines Films, bringt Gil Mehmert unter anderem „Hair“ und „Sunset Boulevard“ in Bad Hersfeld) eine Liebes-Geschichte auf die Festspielbühne. Das Musical-Traumpaar Abla Alaoui als Lotte und Philipp Büttner als Goethe verkörpert die Liebenden, die am Ende doch nicht zueinander finden. „Sie finden beide aber etwas ganz anderes. Lotte erfährt die Sicherheit des Ehelebens mit einem wohlhabenden, angesehenen Mann und Johann Wolfgang erfährt endlich die Wertschätzung als Dichter“, sagt Büttner über die Rollen.

Pop- und Rock-Musical

Das Libretto des Musicals stammt von Mehmert, die Musik von Martin Lingau und Frank Ramon schrieb die Songtexte. „Dieses Musical beinhaltet tolle Pop- und Rocksongs“, erzählt Alaoui. „Es sind so viele tolle Ohrwürmer dabei“, fügt Büttner hinzu. Beide haben langjährige Bühnenerfahrung und standen vor sieben Jahren bereits als „Bonnie und Clyde“ gemeinsam auf der Musical-Bühne. „Dass wie hier wieder aufeinandertreffen, ist ein wunderbarer Zufall“, freuen sich beide.

Mit Mehmert arbeiteten beide schon zusammen und loben ihn. „Was Gil anfasst, wird gut“, ist Alaoui sicher. In der Stiftsruine haben beide noch nicht gespielt, aber „sie ist riesig und wunderbar“, so die junge Darstellerin. „Lotte und Johann Wolfgang waren junge Menschen mit Leidenschaft“, sagt Büttner und möchte mit seiner Musicalpartnerin und dem restlichen Ensemble diese Leidenschaft auch auf die Festspielbühne bringen. Dies sei vor allem nach den vielen Monaten ohne Engagements und Auftritte wichtig.

Die Liedtexte seien teilweise in der klassischen Sprache Goethes gehalten. „So möchten wir jungen Menschen die Geschichte, die zu den ,Leiden des jungen Werthers‘ geführt hat, nahebringen“, sagt Büttner.

Das Musical, das bei den 70. Bad Hersfelder Festspielen uraufgeführt wird, gibt es bisher nicht auf einem Tonträger. „Ich hätte nichts dagegen, wenn wir das aufnehmen könnten“, schmunzelt Büttner auf Nachfrage unserer Zeitung. „Ich bin vor allem gespannt, wie das mit dem Orchester unter der Leitung von Christoph Wohlleben klingt“, fügt Alaoui hinzu.

„Goethe!“, das die Sturm- und Drangzeit des jungen Dichters zum Inhalt hat, feiert am 3. Juli Premiere. Mit dabei sind unter anderem Christof Messner, Karen Müller, Eva Zamostny, Thomas Hohler und Rob Pelzer.

Als drittes Stück steht „Momo“ nach dem Roman von Michael Ende auf dem Jubiläums-Spielplan. Janina Stopper wird das Mädchen Momo spielen, das in der Inszenierung von Georg Büttel durch ihre Art die Welt der Erwachsenen ins Wanken bringt. Als Beppo Straßenkehrer darf sich das Festspielpublikum auf Günther Alt freuen, der 2019 den Hersfeldpreis für seine Rolle in „Der Prozess“ erhielt und bereits in zahlreichen Festspiel-Produktionen mitwirkte. Premiere von „Momo“ ist am 2. Juli.

Da coronabedingt das Schloss Eichhof in diesem Jahr nicht als Spielstätte genutzt werden kann, inszeniert Bettina Wilts die Komödie „Extrawurst“ der Comedy-Autoren Dietmar Jacobs und Moritz Netenjakob in der Tennisanlage Auf der Unteraue.

Tickets buchen

In diesem Jahr stehen im Zuschauerraum der Stiftsruine weniger Plätze mit mehr Abstand zur Verfügung. Online über www.bad-hersfelder- festspiele.de können nur Paarplätze gebucht werden. Wer einen Einzelplatz benötigt, sollte sich schriftlich oder telefonisch an den Ticketservice wenden Am Markt 1, Bad Hersfeld oder Postfach 1753, 36247 Bad Hersfeld, Telefon 06621/640200, Fax 06621/6402040, E-Mail ticket-service@bad-hersfelder-festspiele.de ).

Bevor die erste Premiere über die Bühne gehen wird, steht für die rund 60 Darstellerinnen und Darsteller und die Gewerke der Bad Hersfelder Festspiele nun eine mehrwöchige arbeitsreiche Phase an, die unter den geltenden Coronabedingungen auch anders sein wird als in den 69 Jahren davor. „Wir sind und bleiben vorsichtig, denn eine Corona-Meldung im Ensemble wäre fatal“, so Intendant Hinkel. Eines versichert er jedoch: „Es wird spannend!“