Auf eigene Gefahr: Niemandsland als nächtliche Theaterexpedition

Mit Taschenlampen ging es am Freitagabend im "Anderen Sommer" auf eine Expedition durch Stiftspark und Stiftsruine.

VON CHRISTOPHER GÖBEL

Matthias Eberle, der Wanderer, der die 50 Teilnehmer der Theaterexpedition „Niemandsland“ an zwei Abenden durch Stiftsbezirk und Stiftsruine führte.
Matthias Eberle, der Wanderer, der die 50 Teilnehmer der Theaterexpedition „Niemandsland“ an zwei Abenden durch Stiftsbezirk und Stiftsruine führte. © BHF/Sennewald

Bad Hersfeld. „Sie betreten die gesperrte Zone auf eigene Gefahr“, so lautete der Hinweis des Wanderers „Matthias Eberle“ am Beginn der rund anderthalbstündigen Theatertour durch den dunklen Stiftspark und die Stiftsruine, die unter dem Titel „Niemandsland“ an zwei Abenden im „Anderen Sommer“ stattfand. Regie führte Festspiel-Intendant Joern Hinkel.

Die jeweils 50 Teilnehmer der Expedition, die es so bisher noch nicht gab, trafen auf ihrer Reise auf den Schriftsteller (Rudolf Krause) und den Professor (Günter Alt), die sich auf dem Weg aufgrund unterschiedlicher Weltanschauungen immer wieder in Disput geraten. Was war passiert? Mysteriöse Gegenstände sind durch das Dach einer Basilika geschlagen und haben sie zerstört.

Das Militär hat den gesamten Bereich zur Sperrzone erklärt. Aber das Interesse der Menschen ist ungebrochen, so dass der Wanderer auf die Idee gekommen ist, illegale Führungen durch das Gebiet zu veranstalten. Es sei gefährlich und niemand wisse, was alles passieren könne, warnt er. Es erinnert ein bisschen an Tschernobyl. Betreten wurde die „Sperrzone“ durch den Hof der Bühnenbildnerei, dann ging es – mit Taschenlampen ausgestattet – durch den Keller des alten Zollhauses, durch den Stiftspark in die Stiftsruine.

Ein kaputtes Auto und die Baum-Arrangements dort ließen eine unheimliche Spannung entstehen, die durch die ständigen Warnungen des Wanderers und die Streitgespräche zwischen ihm, dem Autor und dem Wanderer verstärkt wurde.

Denn der Weg zum „Raum des Wünsche“, der sich in am Ende der Wanderung befinden sollte, spaltete die Meinungen. Was wäre, wenn Despoten und Diktatoren durch das Erreichen des Raumes die Welt unterjochen würden? Aus diesem Grund wollte der Professor den Raum zerstören, während der erfolglose Schriftsteller dort für neue Bestseller inspiriert werden möchte.

Die Besucher wanderten mit den Schauspielern, die sich immer in ihrer Mitte aufhielten, in die dunkle, mit Kunstnebel erfüllte Stiftsruine, die Treppe zum ehemaligen Turmraum bis hin zur Krypta. Am Osteingang sollte dann der Raum des Wünsche sein, den aber niemand zu betreten wagte, denn das Risiko unerfüllter Wünsche ist zu groß.

„Niemandsland“ beruhte in der Grundstruktur auf dem Film „Stalker“ des russischen Regisseurs Andrei Tarkowski. Hinkel hat daraus im „Anderen Sommer“ eine spannendes Theater-Experiment gemacht, das durch die Aktion der drei Protagonisten zu einem einzigartigen Erlebnis wurde.